Die Bibel ist mir ein täglicher Begleiter …

ANDREA KALLWEIT-BENSEL
BTA-Dozentin für praktische Theologie
und Neues Testament

Als Kind fürchtete ich mich vor Gewitter. Ich hatte Angst, dass der Blitz einschlagen und alles verbrennen könnte. Also setzte ich mich bei Gewitter mit meinen liebsten Sachen im Arm zu meinen Eltern. Meine liebsten Sachen wollte ich auf jeden Fall retten: Meine Puppe, meinen Stoffhund und meine Kinderbibel. Auch heute ist mir die Bibel wichtig – nicht, weil ich an einer „Bibelschule“ (der BTA) unterrichte, sondern weil es für mich persönlich wichtig ist.

… weil die Bibel Gottes Wort ist

Die Bibel ist ein besonderes Buch. Sie wurde über einen Zeitraum von ca. 1.400 Jahren von verschiedenen Menschen geschrieben. Es gibt unterschiedliche Literaturgattungen, manches liest sich leicht und tut gut, manches ist nicht leicht zu verstehen und eckt an. Aber immer ist die Bibel ein Buch, das Menschen berührt. Leser entdecken plötzlich: Hier hat Gott selbst zu mir gesprochen. 
Das ist nicht jeden Tag gleich: Ich lese meine Bibel oft tagelang ohne große Momente und erlebe dabei dennoch die Vergewisserung meines Glaubens in altvertrauten Texten. 
Und manchmal trifft mich Gottes Reden durch die Bibel ganz persönlich und ganz aktuell: Als Ermutigung, Korrektur oder Wegweisung. Es stimmt:

„Durch die Heilige Schrift ‚spricht‘ der lebendige Gott zum Menschen. Man muss Gott die Zeit einräumen, sich selbst hinhalten und zu hören bereit sein.“ 
- Dietrich Bonhoeffer

 

… weil die Bibel von Gottes Taten berichtet

Durch die Bibel hat sich Gott bekannt gemacht. Die Bibel berichtet von Gottes Eingreifen in der Welt und davon, wie Gott Menschen gesegnet und berufen hat. Für mich heute ist das ermutigend und herausfordernd. Beim Lesen werde ich in die Erzählung mit hineingenommen und öffne mich für eigene Glaubenserfahrungen. Wenn ich von Gottes Handeln und von seiner Zukunftsperspektive lese, dann erkenne ich, dass das auch etwas mit meinem Leben zu tun hat. 
Jesus ist heute der Handelnde. Durch das Lesen der Bibel werde ich dafür sensibilisiert, Gottes wunderbares Handeln auch in meinem Umfeld wahrzunehmen und zu erkennen. Und das motiviert mich auch, mich in seinem Namen dort einzusetzen, wo es nötig ist. 
Die Texte der Bibel erzählen von allen Themen des Lebens: von Glück und Leid, von Liebe und Hass, von Sorgen, Nöten und Freuden. Und sie erzählen davon, dass Gott mit all dem zu tun hat. Kein Thema, kein Gefühl ist der Bibel fremd. Darum erfahre ich beim Lesen der Bibel, dass ich mit all dem, auch mit Zweifel und Versagen bei Gott richtig bin. Durch das Lesen der Bibel eröffnet Gott mir darum Lebensperspektive.

 

… weil das Lesen der Bibel Trost und Hoffnung gibt

In der Bibel lesen wir viele Texte, die ermutigen. Es gibt Verheißungen und Zuspruch Gottes. Sie ist „Gottes Liebesbrief“. Durch die Erzählungen der Bibel erkenne ich, dass der Gott, der damals gehandelt hat, auch in meinem Leben handeln wird. In den Texten, die von der Liebe Gottes reden, erfahre ich auch heute den persönlichen Zuspruch der Liebe Gottes. Ich erfahre Zuwendung, Anerkennung und Vergebung. Und das Beten der Psalmen kann zum Atemholen der Seele werden. 
Und so finden sich in der Bibel unzählig viele Worte der Hoffnung, der Liebe und der Gnade. Worte der Erlösung, der Wiederherstellung und des Trostes. 
 

… weil die Bibel „schärfer als jedes Schwert“ ist 

Die Bibel fügt sich jedoch nicht immer freundlich in mein Leben ein. Sie wäre kraftlos, wenn sie sich nicht auch in das Leben der Menschen einmischen würde. 
Manchmal stellt sich das Wort Gottes den Lesern entgegen: Beim Lesen der Bibel erkenne ich Schuld und erfahre Korrektur. Bonhoeffer hat gesagt, dass wir es lernen sollen, die Bibel nicht nur für, sondern auch gegen uns zu lesen. Solches Lesen macht verwundbar, weil ich dabei mich selbst erkenne, auch in meinen Abgründen. Aber gleichzeitig erkenne ich:

„Durch seine Wunden sind wir geheilt“ Jesaja 53,7.

Die Bibel so zu lesen, hilft mir, ganz und heil zu werden, hilft zum Leben. So ist die Bibel Lebenselixier.

 

… weil die Bibel Maßstab und Orientierung ist

Durch das Lesen der Bibel erkenne ich, was richtig ist und wo ich gedanklich oder in meiner Lebensführung auf eine falsche Spur geraten bin. Die Bibel führt zurück zu gelingendem Leben. Das Lesen der Bibel befähigt mich zu weisen Lebensentscheidungen und gibt mir Orientierung für mein Leben.

„Die Bibel ist lebendig und wirksam. Die Bibel ist nicht dazu da, um unser Wissen zu vermehren. Sie ist dazu da, unser Leben zu verändern.“ - Dwight L. Moody 

Mit der Bibel vertraut zu sein, verändert und prägt und es verhilft zum geistlichen Durchblick. 

 

… weil die Bibel Kraftquelle ist

 Das Festhalten an der Bibel gerade in dunklen Zeiten ist mir zum Vorbild geworden, als ich meine Mutter in einer besonders schweren Zeit ihres Lebens beobachtet hatte, wie sie täglich intensiv in ihrer Bibel las und betete. Das hat sie stark gemacht und vor Bitterkeit bewahrt. Das hat ihr Freude geschenkt und die Fähigkeit zur Vergebung. Kraft und Hoffnung, die beim Lesen der Bibel entstehen, sind tragend und schenken Geborgenheit unabhängig von den äußeren Umständen. 
Thomas Gebhardt, ein Prediger aus der ehemaligen DDR, der wegen seines Glaubens inhaftiert wurde, sagte einmal:

„Meine Liebe und Hochachtung für die Bibel ist so groß, dass ich selbst in der Gefangenschaft alles in meiner Macht stehende tat, um sie täglich zu lesen. Nur die Bibel gibt uns Kraft und Hoffnung alles zu erdulden und zu warten, bis der Herr eingreift, um seine Kinder zu retten! Seit vielen Jahren habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, jedes Jahr einmal die Bibel durchzulesen. … Sein Wort macht mich froh und glücklich, ist die Quelle all meines Sieges.”  

 

… weil die Bibel immer wieder neu entdeckt werden will

Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, morgens in meiner Bibel zu lesen. Oftmals begegne ich dabei dem vertrauten und mir bekannten Wort. Das ist gut und es ist mir für den Tag eine Verankerung und Vergewisserung meines Glaubens. 
Manchmal jedoch staune ich, weil ein Satz neu in meine Lebenssituation trifft oder weil mir in einer anderen Übersetzung etwas auffällt, das ich vorher überlesen hatte. 
Manchmal ändert sich auch mein Blick auf die Texte, weil ich älter geworden bin oder sich meine Lebenssituation verändert hat. Darum ist das Lesen der Bibel für mich immer wieder ein Gewinn. Und vielleicht werde ich auch irgendwann die Texte verstehen, die ich heute schwierig finde. 

 

… weil die Bibel Wissen vermittelt und mündig mach

Regelmäßiges Bibellesen bewahrt mich davor, nur von einzelnen Bibelstellen zu leben. Im Studium sagte unser Dozent Eduard Schütz immer wieder:

„Der Mensch kann nicht von zwei Salzstangen am Tag leben (den Losungen), sondern er braucht das Brot des Lebens.“

Dieser Satz hat sich bei mir eingegraben. Wer die Bibel gesamthaft liest, entdeckt den „roten Faden“, der versteht Zusammenhänge und erkennt Jesus Christus tiefer. Wer die Bibel intensiv studiert, wird auch bewahrt vor theologischer Einseitigkeit. Die Bibel kann und muss auch von demjenigen immer wieder neu ergründet und entdeckt werden, der schon lange mit Jesus unterwegs ist. 

 

Die Bibel ist mein täglicher Begleiter

Sie ist quasi mein Lebenselixier. Warum das so ist, lässt sich treffend mit Worten von Dietrich Bonhoeffer zusammenfassen:

„Ich glaube, dass die Bibel allein die Antwort auf alle unsere Fragen ist, und dass wir nur anhaltend und etwas demütig zu fragen brauchen, um die Antwort von ihr zu bekommen. Die Bibel kann man nicht einfach lesen wie andere Bücher. Man muss bereit sein, sie wirklich zu fragen. Nur so erschließt sie sich. Nur wenn wir letzte Antwort von ihr erwarten, gibt sie sie uns. Das liegt eben daran, dass in der Bibel Gott zu uns redet. Und über Gott kann man eben nicht so einfach von sich aus nachdenken, sondern man muss ihn fragen. … Nur wenn wir es einmal wagen, uns so auf die Bibel einzulassen, als redete hier wirklich der Gott zu uns, der uns liebt und uns mit unseren Fragen nicht allein lassen will, werden wir an der Bibel froh." - Dietrich Bonhoeffer

 

 

Artikel erschienen in:
Offene Türen 2022-4
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